Die Brentano - Ein Roman von Reinhard W. Kroll

Leseprobe 5

Anna-Maria sitzt in schwarzer Unterwäsche, BH und Slip, auf dem Sofa und sieht Bert an. Zum ersten Mal seit Freitagmittag liegt Schmerz über ihren Worten. „Bert, was wird mit uns passieren, wie wird es weitergehen?“ Die Frage ist berechtigt, sie trifft Bert mitten ins Mark. Aber sie hat Anspruch auf eine Antwort, auf eine ehrliche Antwort.

„Ich weiß es nicht“, sagt er. „Wir können nicht den Rest unseres Lebens mit einer Lüge leben. Früher oder später wirst Du Farbe bekennen müssen. Ob es Dir passt oder nicht.“ „Du hast ja recht“, erwidert er.

Sie mustert ihn. „Was wollen wir tun?“

Er fasst sich an den Kopf. „Ich sehe nur einen Ausweg, Anna-Maria. Ich trenne mich von Karin.“

Ihre Stimme beginnt leicht zu zittern. „Bist Du Dir sicher?“

„Ja.“

„Ich möchte nichts lieber, als mit Dir zusammen sein“, sagt sie. „Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass Du dich von deiner Frau wirklich trennen wirst.“

„Wir haben uns nicht gesucht, Anna-Maria. Ich Dich nicht, Du mich nicht. Das Leben hat uns zusammengeführt. Daran kann niemand etwas ändern. Auch meine Frau nicht.“

„Und Deine Tochter? Was wird sie denken. Wird sie das akzeptieren oder wird sie Dich aus ihrem Leben verbannen?“ Diese Worte schmerzen ihn. An seine Tochter hatte er bisher überhaupt noch nicht gedacht. Er war nur auf sich fixiert.

In der Tat: wie würde Lisa reagieren? Würde sie ihren Vater verstehen? Oder ihn verabscheuen und zum Teufel wünschen?

„Ich weiß, dass es noch einige Probleme gibt, aber ich liebe Dich. Ich will Dich.“

„Ich liebe Dich auch, und ich will Dich ebenso wie Du mich, Bert. Aber Blauäugigkeit ist jetzt überflüssig. Wir müssen der Realität ins Auge sehen. Womöglich wirst Du mich eines Tages dafür hassen, dass ich Dich von Deiner Familie getrennt habe.“

„Nein“, erwidert er. „Dich nicht. Vielleicht würde ich mich eines Tages selbst dafür hassen, was ich getan habe. Ich will Dich.“

Er setzt sich neben sie, legt einen Arm um ihre nackte Schulter.

„Ich werde Dienstag Karin alles erzählen“, sagt er schließlich.

„Was willst Du ihr erzählen? Dass Du eine Geliebte hast?“

Er will antworten, aber spontan legt sie einen Finger auf seinen Lippen.

„Ich will es nicht hören. Du wirst das zu ihr sagen, was jede Frau im Innersten ihrer Seele fürchtet. Ich will das jetzt nicht hören.“

Er küsste sie sanft auf den Mund. Anna-Maria schlingt ihre Arme um seinen Nacken und schließt die Augen.